Soldatinnen und Soldaten besser schützen

Biomechanische Analysen für persönliche Schutztechnologien und Körperschutz

© Fraunhofer EMI
Rippenknochendehnungen und wirkende Kräfte auf den Brustkorb.

Verletzungen durch Verformung der Schutzausrüstung

Ein »Behind Armor Blunt Trauma« (BABT) entsteht durch nicht penetrierende ballistische Aufprallvorgänge, die durch die schnelle Verformung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) verursacht werden. Während des Aufpralls verformen sich die PSA und das darunter liegende Körpergewebe rapide. Diese hochdynamische Belastung kann Prellungen, Risse, Brüche und Verletzungen von Organen verursachen. Eine Messung der maximalen Verformungstiefe in ballistischem Ton (»Back-face Deformation«, BFD – Grenzwert 44 mm erstmalig festgelegt 1979 vom US-Justizministerium) wird noch heute fast weltweit zur Zertifizierung von Schutzwesten verwendet. Jedoch gibt es keinen direkten kausalen Zusammenhang zwischen BFD und Schwere der resultierenden Verletzungen beim Menschen. Numerische Menschmodelle (»Human Body Models«, HBM) können inzwischen verwendet werden, um diese ballistischen Limits zu hinterfragen und um diese spezielle Form der ballistischen Belastung körperregionabhängig zu untersuchen. Das Fraunhofer EMI verfolgt das Ziel, virtuelle Berechnungsmethoden mit hoher Prognosefähigkeit zu entwickeln, um Fragestellungen zu stoßartigen Belastungseffekten auf den Körper beim Einsatz von persönlichen Schutztechnologien analysieren zu können. Dadurch wird die Bewertungsfähigkeit für PSA und den Körperschutz ausgebaut. 

 

Experimentelle Analyse von Belastungseffekten

Eine hohe Prognosesicherheit von numerischen Berechnungen wird durch eine experimentelle Validierung unterstützt. Hierfür werden geeignete Ersatzmaterialen benötigt. Die gezielte Entwicklung von Surrogat-Knochenmaterialien für ballistische Dummys ist aktuell Bestandteil einer Dissertation am EMI mit dem Thema »Simulationsmethoden zur prognosefähigen Analyse von Knochensurrogaten«. Konventionelle Crashtest-Dummys aus der Automobilindustrie sollen gezielt weiterentwickelt und für wehr- oder polizeitechnische Zwecke eingesetzt werden. Somit kann am EMI die Wirksamkeit persönlicher Schutzausrüstung im getragenen Zustand unter Zuhilfenahme von Dummys experimentell untersucht werden. Der Einsatz numerischer Menschmodelle ermöglicht ferner die quantitative Erfassung von Verletzungsrisiken und damit eine bessere konstruktive Auslegung von PSA-Produkten, die mit einem höheren Schutz vor Verletzungen verbunden ist. Für diese wurde ein zusätzliches Modellierungsverfahren entwickelt, um einfache Textilelemente von einer 2D-Form in eine 3D-Form zu überführen, die sich der virtuellen Körperoberfläche anpassen. Diese Technik stellt allgemein ein einfaches Mittel dar, um flexible Objekte über dreidimensionale Konturen zu drapieren.

© Fraunhofer EMI
Menschmodelle GHBMC F05 und M50 der Firma Elemance mit angelegter weichballistischer Schutzweste und simuliertem Impakt in der Mitte des Brustkorbs.