Ereignis- und Schadensanalyse für Terroranschläge an Flughafen Infrastrukturen
Ziel: ein vollständig integriertes Sicherheitsmanagementsystem
Wenn Sie schon einmal geflogen sind, dann haben Sie wahrscheinlich die Durchsage gehört: »Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt«. Und das aus gutem Grund. Analysen des Fraunhofer EMI, im Rahmen des Forschungsprojekts FluSs, machen deutlich: Die meisten Terroranschläge an europäischen Flughäfen werden durch den Gebrauch von Sprengstoff verübt. Das Fraunhofer EMI forscht seit vielen Jahren aktiv zum Schutz kritischer Infrastrukturen, wie im Verkehrssektor und dem Bereich der Flughafensicherheit, und steht Industriepartnern, Behörden und Einsatzkräften beratend zur Seite. So wurde beispielsweise mit dem Projekt FluSs ein vollständig integriertes Sicherheitsmanagementsystem gegenüber terroristischen Bedrohungslagen für Flughäfen abgeleitet.
Der Beitrag des Fraunhofer EMI: Ereignis-, Gefährdungs-, Schädigungs- und Risikoanalyse zur Ableitung optimaler Gegenmaßnahmen
Das Projekt FluSs war ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Infrastruktur unter Beteiligung vieler nationaler Partner. Der Beitrag des EMI bestand darin, Flughafenanschläge aus der EMI-internen Datenbank TED (Terror-Ereignis-Datenbank) mit Hilfe von Zusatzdaten auszuwerten, um besonders gefährdete Orte zu identifizieren und relevante Anschlagszenarien ableiten zu können. Basierend auf diesen Szenarien wurden Methoden zur quantitativen Schadens- und Risikoanalysen entwickelt und angewendet, mit dem Ziel, effektive Maßnahmen zur Prävention von Anschlägen und zur Reduktion von Auswirkungen abzuleiten.
Die Ergebnisse der EMI-Forschung
Ergebnisse der Ereignisanalyse waren zur aktuellen Bedrohungslage u.a. die folgenden zwei repräsentativen Szenarien: eine platzierte Kofferbombe im Terminal und eine Autobombe auf der Terminalzufahrt.
Platzierte Kofferbomben im Terminal haben vor allem verheerende Auswirkungen auf die Infrastruktur eines Gebäudes, zum Beispiel auf Stützpfeiler. Es zeigte sich, dass eine nah am Stützpfeiler platzierte Kofferbombe die Funktion der Stütze nahezu komplett zunichtemachen kann, was sich häufig auf die Gesamtstabilität des Gebäudes auswirkt. Gleichzeitig konnte nachgewiesen werden, dass die Resttragefähigkeit von Stahlbetonstützen durch Verstärkungsmaßnahmen mit Hochleistungsbeton signifikant erhöht werden kann.
Terminalzufahrten sind meistens wenig bis gar nicht zufahrtsbeschränkt, doch gleichzeitig Drehkreuz für viele Zivilisten. Eine große Autobombe kann abhängig von ihrer Position große Schäden an Fassaden und Eingängen verursachen, aber vor allem Zivilpersonen im näheren Umfeld schwer verletzen.
In ähnlicher Weise wurden weitere mögliche Ereignisorte von Explosionen u.a. in Terminals, z.B. an der Handgepäckkontrolle untersucht und ebenfalls bezüglich Häufigkeit, Entdeckbarkeit, Vermeidbarkeit und Konsequenzen mit und ohne Gegenmaßnahmen bewertet.
In vergleichbarer Weise wurden auch andere Ereignisarten identifiziert, z.B. Brandstiftung, Ereignisse mit gefährlichen Substanzen oder mit gefährlichen Gegenständen.
Konsequenzen der EMI-Forschung
Anhand dieser Forschungsergebnisse lassen sich u.a. zwei Folgemaßnahmen für eine erweiterte Flughafensicherheit ableiten. Zum einen eine verstärkte Überwachung der Flughafenzufahrten durch Sicherheitspersonal und mobilitätseinschränkende Strukturen wie Schranken und steuerbare Beton- beziehungsweise Stahlpoller. Zum anderen eine strukturelle Verstärkung an den statisch kritischen Stellen, zum Beispiel durch eine Erhöhung des Durchmessers in der unteren Hälfte eines Stützpfeilers im Terminal. Daneben wurden u.a. geeignete organisatorische und raumgestaltende Maßnahmen identifiziert.