EMI an der Seite von ESA und NASA

Untersuchung am Columbus-Modul der ISS zum Einschlag von Meteoroiden und Weltraummüll

© NASA

Am 5. September 2018 sowie am 21. und 22. September 2018 fanden zum ersten Mal Kamera-Screenings am Columbus-Modul der Internationalen Raumstation ISS statt. Bei den Screenings wurden erstmalig seit der Andockung vor zehn Jahren gezielt Einschlagskrater von Weltraummüll und Mikrometeoroiden auf der Modulschutzhülle aufgenommen. Aus diesen Aufnahmen will das Fraunhofer EMI mit seinen Projektpartnern genauere Informationen über die Population von Weltraummüll ableiten.

Eine Aufnahme im zehnfachen Zeitraffer. Der Kopf des Roboterarms zu Beginn des ersten Scans am 5. September 2018 bei einem Sonnenaufgang. Unten ist der Kopf des Roboterarms, oben ist das Columbus-Modul und dazwischen die Erde. Der Roboterarm fährt das Columbus-Modul ab. © ESA/NASA

Die Screenings wurden mithilfe des auf der Station installierten kanadischen Roboterarms durchgeführt. Vom Kontrollzentrum in Houston aus wurde der Arm systematisch über die Schutzhülle des Moduls gesteuert. Die von der Kamera am Ende des Roboterarms aufgenommenen Videos sollen in den kommenden Monaten ausgewertet werden. Ziel ist, aus den daraus gewonnenen Messdaten das tatsächliche Impaktrisiko für zukünftige Weltraummissionen besser einschätzen zu können.

Ausschnitt aus dem Scan des Panels »COL/03-01«, durchgeführt zur Zeit GMT 248 22:41. Dieses Panel zeigt nach oben (in Zenitrichtung), und die Vorderseite des Columbus-Moduls ist auf der rechten Seite des Videos. Dieses Video wurde mit einem geringeren Abstand zur Oberfläche aufgenommen (2 Fuß = etwa 0,6 Meter). © ESA/NASA

Unser Alltag ist stark von Satelliten abhängig. Der Ausfall oder die Beschädigung von Satelliten kann zum Beispiel den Rundfunk- und Fernsehbetrieb beeinflussen, die Positions- und Zeitbestimmung in Navigationssystemen einschränken oder die Beobachtung meteorologischer Vorgänge erschweren. Eine von einigen Ursachen für Ausfälle und Beschädigungen sind Einschläge von Weltraummüll und Mikrometeoroiden. Rund 7500 Tonnen Weltraummüll kreisen in den Erdumlaufbahnen, und diese Menge nimmt ständig zu. Unter Weltraummüll versteht man künstliche Objekte, oft winzige Partikel in den Erdumlaufbahnen, die zum Beispiel durch Fragmentierungen und durch Kollisionen zwischen Mikrometeoroiden und Satelliten entstehen. Neben dem Weltraummüll stellen auch Mikrometeoroiden für die Raumfahrt eine Gefahr dar. Besonders gefährlich wird es durch die hohe Geschwindigkeit: Während in den niedrigen Erdorbits, wo auch die ISS fliegt, die Fluggeschwindigkeit von Weltraummüllpartikeln etwa 7 Kilometer pro Sekunde beträgt, fliegen die aus den weiteren Orbits um die Sonne stammenden Mikrometeoroiden mit einer Geschwindigkeit von bis zu 72 Kilometern pro Sekunde.

Nicht nur Satelliten, sondern auch die ISS selbst ist Kollisionen ausgesetzt. Betroffen sind vor allem die Vorder- und Oberseite der Raumstation: während die sich in den Erdumlaufbahnen befindenden Weltraummüllpartikel aus der Flugrichtung, also von vorne, kommen, fliegen die Mikrometeoriten aus allen Richtungen (außer von unten) auf die ISS zu. Im Fall einer Kollision kann ein Einschlag zum Beispiel zu einem gefährlichen Sauerstoffleck an Board führen.

Das Fraunhofer EMI verfügt über langjährige Expertise in der Impaktforschung und weitet diese zunehmend im Geschäftsfeld Raumfahrt aus. Am Fraunhofer EMI wurde die jetzt untersuchte Schutzhülle des Columbus-Moduls ausgelegt und getestet. Mithilfe der Space Gun am EMI können Untersuchungen im Hypervelocity-Geschwindigkeitsbereich durchgeführt werden.

Das Forschungsteam des Screening-Projekts setzt sich zusammen aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Deutschen Raumfahrtkontrollzentrums in Oberpfaffenhofen, dem DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen, der Universität Oldenburg und der TU Braunschweig. Verantwortlich für den Einsatz des Roboterarms sind die Weltraumorganisationen ESA und NASA.

© NASA
Das rote Viereck und die gelbe Linie weisen auf die Flächen des Columbus-Moduls hin, auf denen die Screenings durchgeführt wurden.
© Fraunhofer EMI
Eine Abbildung der mehrschichtigen Schutzhülle des Columbus-Moduls, die am EMI ausgelegt wurde.
© ESA/NASA
Eine Aufnahme der Schutzhülle, auf der Einschläge zu erkennen sind.

Aufnahmen vom Schutzschild mit dem Schriftzug COLUMBUS, aufgenommen GMT 264 20:27. Der Abstand zum Modul beträgt 5 Fuß (circa 1,5 Meter). © ESA/NASA

Das Video zeigt einen Ausschnitt der Vorderseite des Moduls, aufgenommen GMT 264 20:15. Hier sind größere Impaktschäden als auf der Oberseite sichtbar. © ESA/NASA