Jens Fritsch leitet am Fraunhofer EMI das Geschäftsfeld Automotive. Seit über 15 Jahren beschäftigt er sich mit Themen rund ums Auto, dabei hat er Kontakte sowohl in die Automobilindustrie als auch in die Forschung. Wir wollen von ihm wissen: Was bringt die Zukunft der Automobiltechnik?
EMI: Verbrennungsmotor oder Elektroauto, Mild- oder Plug-in-Hybrid, Brennstoffzelle mit Wasserstoff oder Methanol oder doch E-Fuels: Welches Antriebskonzept wird sich durchsetzen?
Fritsch: Diese Frage ist nach heutigem Forschungsstand nicht klar zu beantworten. Der Verbrennungsmotor allerdings wird, vermute ich, bis auf einige Sonderanwendungen irgendwann verschwinden, vielleicht nicht überall, jedoch in Europa. Die Elektromobilität sehe ich als Übergangstechnologie, da wir nicht die gesamte Mobilität mit Batterieelektrik bestreiten können. Einerseits wirkt es verlockend, keinen lokalen CO2-Ausstoß zu produzieren, andererseits sind Rohstoffe für die Elektromobilität und deren Gewinnung sehr kritisch zu betrachten. Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen hingegen können große Chancen bieten.
EMI: Ist die Elektromobilität nicht der Schlüssel zur emissionsfreien Mobilität?
Fritsch: Leider noch nicht. Wenn wir die Elektromobililtät betrachten, müssen wir bei den Batterien den gesamten Lebenszyklus von Fertigung bis Recycling anschauen. Ein überwiegender Teil der Batterien kommt heute noch aus Asien, wo andere Anforderungen an Herstellungsprozess und Rohstoffgewinnung gestellt werden, als wir sie in Deutschland umsetzen. Auch die Frage des Recyclings ist noch nicht vollständig beantwortet. Dazu wird aber derzeit viel geforscht, und es ist zu erwarten, dass einige der Herausforderungen, die es derzeit noch gibt (wie zum Beispiel die geringe Energiedichte von Batterien) gelöst werden können. Eindeutiger Vorteil der Elektromobilität für unsere Städte ist: Sie ist lokal emissionsfrei, Lärm und Feinstaubbelastung sind wesentlich geringer.
EMI: Kann der Antrieb durch Wasserstoff eine realistische Alternative werden?
Fritsch: Wasserstoffantrieb ist eine große Chance – aber man muss aktuell noch sehr viel Energie aufwenden, um ihn zu erzeugen, und das Problem des Transports von Wasserstoff ist längst nicht gelöst. Für die Forschung geht es jetzt darum herauszufinden, wie man Wasserstoff effizient in flüssiger Form transportieren kann.
EMI: Wie wird sich der Markt für die Automobilproduktion in Deutschland ändern?
Fritsch: Die gesamte Branche ist im Wandel. Glücklicherweise sehen wir derzeit, dass auch die deutschen Hersteller in Sachen Elektromobilität aufholen, aber der Markt verändert sich. Elektromotoren sind wesentlich einfacher zu bauen als hochkomplexe Verbrennungsmotoren. Es kommen neue Player auf den internationalen Markt, die Elektrofahrzeuge bauen. Gleichzeitig werden Elektromobilität und Plug-in-Hybride erforscht, also die Kombination eines kleinen Verbrennungsmotors mit einem batterieelektrischen Antrieb. Ich sehe große Vorteile darin, diese beiden Welten zusammenzuführen. Forschung an und Wertschöpfung von Batterien müssen nach Deutschland kommen, ein verantwortlicher Umgang mit dem Gewinnen der Rohstoffe gefunden und deren Recycling gewährleistet werden.
EMI: Was glauben Sie, wie werden Sie in 15 Jahren zur Arbeit oder in den Urlaub fahren?
Fritsch: Ich werde die Wahl haben, unabhängig vom Antrieb. Bis dahin sind große Fortschritte im automatisierten Fahren zu erwarten. Allerdings wird man noch weniger auf ein eigenes Fahrzeug angewiesen sein, weil sich Shared-Mobility-Konzepte mit »Cars to go« durchsetzen werden. Und was heute für den persönlichen, umweltfreundlichen Nahverkehr gilt, wird in 15 Jahren noch gültig sein: Ich komme zum Beispiel jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Arbeit.